Großer Pyhrgas

2.244m | Haller Mauern, Oberösterreich

Der beherrschende Westpfeiler der Haller Mauern


Die Haller Mauern – sie bilden eine natürliche Grenze zwischen den österreichischen Bundesländern Steiermark und Oberösterreich. Ein etwas „kleinerer“ Gebirgszug, der aber wahrlich große Touren beinhaltet. Die Überschreitung vom Admonter Haus über den Hextenturm bis zum Rohrauer Haus gilt als sehr anspruchsvolle, alpine Tour, die nur erfahrenen Berggehern vorbehalten ist. Zu den beliebtesten Touren zählt jene auf den Herrscher des Gebirgszugs, den Großen Pyhrgas. Genau dieses Ziel stand schon länger auf meiner Wunschliste, wurde aber immer wieder aufgeschoben.

Doch warum? In den Haller Mauern gibt es nur wenige Gipfeltouren mit vergleichsweise wenig Höhenmetern. Vor zwei Jahren war unsere kleine Wandergruppe auf dem Mannsberg, auch die Admonter Warte habe ich bereits besucht. Viel mehr Touren unter 1.000 Höhenmeter gibt es dann nicht mehr und für die 1.200 Höhenmeter, die auf den Großen Pyhrgas aufzusteigen sind, muss man „mental vorbereitet“ sein. Das klingt vielleicht etwas übertrieben, aber ab und an genieße ich auch gerne Wanderungen, die etwas weniger Aufstieg beinhalten. Doch ich will mich auf einen hoffentlich tourenreichen Bergherbst vorbereiten, somit fällt die Wahl ganz bewusst auf eine etwas anspruchsvollere Tour. Über den Hofersteig rauf und über den Normalweg runter – so lautete der Plan, welchen Xenia und ich uns Ende August zurechtgelegt hatten.

Es ist der erste Tag des Monats September, irgendwie ein inoffizieller Starttermin für den Bergherbst. Dennoch, wie immer wollen wir früh los, denn es soll nochmal heiß werden. Der Wetterbericht hat auch Niederschlag für den Nachmittag angesagt, somit heißt es um 6:15 Uhr bereits „Abmarsch“ beim Parkplatz kurz vor der Bosruckhütte. Nur wenige Autos stehen um diese Uhrzeit an den vielen Parkmöglichkeiten, wir sollten auch ewig lange vollkommen alleine unterwegs sein.

Vorbei an der auf 1.036 Meter Seehöhe gelegenen Bosruckhütte wandern wird der Forststraße entlang , nach zirka 150 Höhenmetern verlassen wir diese und folgen der Via Alpina weiter hin Richtung Rohrauerhaus. Nach einer halben Stunde können wir linkerhand einen Blick auf unser heutiges Ziel werfen. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages lassen den Gipfelbereich in zartem orange schimmern. Das Rohrauerhaus (1.308m), eine Schutzhütte der Ortsgruppe Linz, erreichen wir nach 45 Minuten und biegen beim Hinweisschild zum Pyhrgasgatterl (1.308m) ab. Genau bei besagtem Gatterl verläuft die Grenze zwischen der Steiermark und Oberösterreich. Drei Stunden sollen es von hier noch bis zum höchsten Gipfel der Haller Mauern sein. Bemerkenswert: bei meinen Recherchen und Vorbereitungen auf die Tour habe ich natürlich auch andere Blogs durchforstet. Dabei kam mir ein Bild von einem älteren Wegweiser am Pyhrgasgatterl unter, wo „nur“ 2,5 Stunden Aufstieg ausgerufen waren. Auch war dort der Zusatz „Akute Steinschlaggefahr! Begehung nur mit Helm empfohlen“ noch nicht aufgedruckt. Gleich vorab: wir sind ohne Helm aufgestiegen, der Hinweis hat aber zu 100% seine Berechtigung. Gerade wenn viel los ist, könnte es in Teilen des Hofersteigs schnell heikel werden. 

Nun denn, es warten noch knapp 940 Höhenmeter auf uns, weiter geht*s – immer einem stehts erkennbaren und gut markierten Waldpfad entlang. Dieser dreht nach ein paar Minuten in nördliche Richtung und wird sukzessive steiler. Nach zirka 20 Minuten bietet sich uns ein erster schöner Blick auf den mächtigen Scheiblingstein, der auch als Ziel zur Debatte stand. Über steiniges, stellenweise erdiges und wurzeldurchsetztes Waldgelände steigen wir bis auf zirka 1.600 Meter Seehöhe empor – dann wechselt der Weg auf die Südflanke des Pyhrgas. Somit ist auch klar, dass wir der Sonne noch für einige Zeit entgehen werden. Das Terrain wird nun stellenweise felsiger, gerölliger und schrofiger. Je höher wir kommen, umso steiler wird auch der Weg. Ab und an halten wir kurz an und saugen die traumhafte Bergkulisse, die sich uns bietet, auf. Zum Greifen nah ist der markante Bosruck mit seinem massiven Kreuz – Xenia hat ihn bereits vor Jahren überschritten, mir fehlt der Gipfelsieg noch. Auch das Warscheneck und der Große Priel sind klar zu erkennen. Es ist mittlerweile kurz vor 9 Uhr, als wir die Südflanke des Pyhrgas queren. Das Gelände ist in diesem Bereich durchaus abschüssig und luftig. Bei Nässe ist hier höchste Vorsicht geboten, aber auch im Trockenen muss man seine Schritte mit Bedacht setzen. Natürlich gilt es stets aufzupassen, keine Steine loszutreten und damit nachfolgende Wanderer zu gefährden. Apropos nachfolgende Wanderer: ewig waren wir alleine unterwegs, jetzt sehen wir ein paar weitere Naturliebhaber den Hofersteig emporsteigen. Für uns endet dieser aber gleich.

Bis zum Ausstieg aus dem Hofersteig sind es noch knappe 30 Minuten, zwei Stellen wurden auch durch ein Stahlseil entschärft. Auch direkt am Ende des Steigs hilft nochmal ein Stahlseil. Nur ein paar Höhenmeter sind durch den Kamin zu bewältigen und schon verändert sich das Terrain. Das abschüssige, felsige Gelände verändert sich in einen ausgetretenen Pfad, der sich an der Westseite des Großen Pyhrgas mäßig steil in Richtung Gipfelkreuz zieht. Zirka 130 Höhenmeter sind nun nur mehr bis zum riesigen Stahlkreuz auf dem Beherrscher der Haller Mauern. 

Drei Stunden und 30 Minuten sind vergangen, seit wir in aller Früh losmarschiert sind. 1.208 Höhenmeter später stehen wir nun am mit 2.244 Metern höchsten Punkt der Haller Mauern. Wir haben noch Glück, nur wenige andere Wanderer sind um diese Zeit schon am Gipfel. Die meisten haben den Weg aus dem Norden, über die Gowilalm gewählt. Wir beschließen eine ausgedehnte Gipfelrast einzulegen und lassen und die mitgebrachte Jause schmecken. Dabei schweifen unsere Blicke in die umliegende Bergwelt, die sich leider etwas diesig präsentiert. Dennoch sind viele Vertreter des Gesäuse, unter anderem der Admonter Kalbling, zu erkennen. Nur schemenhaft können wir den Dachstein ausmachen, auch der Grimming zeigt nur seine Konturen. Ein Blick in Richtung unseres Aufstiegsweges zeigt: es wird in den kommenden Minuten und Stunden recht voll am Gipfel werden. Unzählige Wanderer säumen nun den Weg. Wie wir etwas später erfahren sollten, gab es am 1. September eine Gipfelmesse – der Grund: das 60-jährige Jubiläum des Gipfelkreuzes. Nach in etwa einer Stunde am großzügigen „Plateau“ des Pyhrgas machen wir uns wieder auf den Weg.

Im Abstieg wählen wir den Normalweg (Wanderweg 614), der aber keinesfalls unterschätzt werden sollte. Auch hier gibt es eine Vielzahl an felsigen und gerölligen Passagen. Bis wir die Latschengassen auf 1.800 Metern Seehöhe erreichen gehen wir konzentriert zur Sache. Die Temperaturen steigen und so sind wir froh, als wir etwas weiter unten in Waldgelände eintauchen können. Zirka 75 Minuten sind vergangen, als wir auf einer Weggabelung ankommen. Rechts geht’s zur bewirtschafteten Hofalm, links weiter in Richtung Rohrauerhaus bzw. Bosruckhütte. Doch wir sind noch nicht ganz fertig, denn im Abstieg entscheiden wir uns, dem Lugkogel einen Besuch abzustatten. Diesen  sollte eigentlich ein Gipfelkreuz zieren, anscheinend wurde dieses aber Opfer eines gewaltigen Windwurfs. Ein kleines provisorischen Kreuz ziert nun den 1.447 Meter hohen Aussichtsposten hoch ober Spital am Pyhrn. Noch ein paar Bilder vom Großen Pyhrgas gemacht und schon geht es zurück zu besagter Gabelung. Am Wanderweg 618 steigen wir durch schönes Waldgelände und saftige Wiesen, auf welchen auch das ein oder andere Fleckvieh anzutreffen ist, weiter ab. Kurz vor der Bosruckhütte treffen wir nun auch wieder auf die Forststraße von heute morgen – genau hier schließt sich nun der Kreis.

Die Bergtour auf den aus Dachsteinkalk bestehenden Großen Pyhrgas, ist ein wahrer Genuss, wenn man sich in teils gerölligem, schrofigem, abschüssigem Gelände wohlfühlt. Nicht umsonst ist der Hofersteig mit SAC T4 – also Alpinwandern – gekennzeichnet. Ein gewisses Maß an Kondition ist für den steilen Anstieg ebenfalls von Nöten. Entschädigt wird man durch eine traumhafte Bergkulisse, die vom Gipfel aus ein unverwechselbares Panorama bietet. Bemerkenswert: nicht ganz klar ist, woher der Pyhrgas seinen Namen hat. Hier gibt es laut Wikipedia zwei Theorien: Im Keltischen steht Pyr für ‚Berg‘, was möglicherweise auf keltische Herkunft hinweist, aber auch eine slawische Abstammung des Bergnamens ist denkbar, denn prěgazъ bedeutet in der südslawischen Sprachenfamilie ‚Übergang‘. 

Ein hervorragender Auftakt auf einen, mit Zielen vollgepackten „Bergherbst“. Schon am kommenden Wochenende wartet eine weitere, mehr als 1.000 Höhenmeter beinhaltende Tour auf mich, ehe es Ende September in den zweiwöchigen Urlaub geht. Sofern das Wetter mitspielt, werden diese zwei Wochen hoffentlich mit jeder Menge Berg-Abenteuer gefüllt. Soviel sei verraten: man könnte sich wieder auf die ein oder andere Tour in Osttirol, oder im Lungau freuen.

Infobox
Start - Ziel:Parkplatz Bosruckhütte
Höhenmeter:1230
Distanz (km):11
Gehzeit (exkl. Pausen):4,5-6,5h
GPX-File Download:Link

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